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Plapperei

Autorenbild: Josef FarkasJosef Farkas

Original: Frigyes Karinthy, Bübüke


Ich möchte sie irgendwie kennenlernen, da der Zug bis Budapest noch etwa eine Stunde braucht und ich bereits alle Zeitungen gelesen habe. Eine hübsche, braunhaarige Frau, ein etwas korpulenter Mann und Bübüke, der etwa 6 Jahre alt ist, er muss aber noch immer Rock tragen. Ich höre zu was sie reden.

- Bübüte, was sagt man dem Ontel?

- Dante söhn

- Dante söhn? Mei, du bist so goldig! Schau, Maria, wie süß er seinen kleinen Mund spitzt wenn er sagt: söhn! Wie süß dieses Kind ist! Du! Du Goldkind!

Dann.

- Bübüte, wen liebt Bübüte, die Tante oder den Ontel?

Bübüke: Die Tante Malia

Tante Maria: Mei, ich könnte dich auffressen! Warum liebt Bübüte die Tante Malia? Weil sie Bübüte Zuckerl gibt, nicht wahr?

- Ja

Tante Maria: Hörst du? Er hat gesagt ja. Hast du gehört, wie er das gesagt hat?


Der Onkel: Und den Ontel liebt Bübüte nicht? Na, warte! Jetzt ist der Ontel böse.

Der Onkel ist wirklich verärgert. Beleidigt dreht er sich von Bübüke weg und steckt seinen Daumen in den Mund. Er schaut Bübüke böse an und verzieht seinen Mund.


Bübüke ist das egal.


Die Frau sieht mich flehend an, erstaunt, quasi: wie kann ein Kind so süß sein!


Nachher

- Bübüte, jetzt muss Bübüte heidi heidi machen.


Bübüke raunzt, will nicht schlafen.


Bübüte, schau her, Tante und Ontel machen auch heidi heidi. Du musst auch. Sie wollen das Kind reinlegen, lehnen sich zurück, schließen ihre Augen und tun so, als ob sie schlafen würden.


Bübüke beobachtet sie, die wagen es nicht, ihre Augen zu öffnen. Schließlich werden sie müde und schlafen tatsächlich ein.


Wir bleiben allein mit Bübüke. Ich langweile mich, ich möchte ihn kennenlernen.


- Warum macht - beginne ich – Bübüte nicht heidi heidi?


Bübüke dreht sich zu mir, und schaut mich tiefverachtend von unten bis oben an.


- Mein Name ist Johann Bergman - sagt er kühl und selbstbewusst. Für den Herrn bin ich nicht Bübüke. Denen da, bin ich das, weil ich mit ihnen verwandschaftlich verbunden bin und ich ihre Schwäche verzeihen muss. Teils aus Einsicht, weil sie glauben, dass sie sehr nett sind, wenn sie mit mir so plappern, und ich nicht übers Herz bringe sie zu enttäuschen, teils aus Berechnung, da ich jetzt paar Jahre lang bei ihnen wohnen werde, sie werden für mich sorgen und ich kann ihnen sagen, so ist das viel bequemer für mich, als wenn ich mein Brot selbst verdienen müsste.


Dafür bin ich verpflichtet, zu ihnen lieb und kindlich zu sein.

Wenn sie zu mir zum Beispiel Bübüte sagen, antworte ich ihnen auch lispelnd, weil das ihnen Freude macht und ich glaube, sie haben für ihr Geld das Recht dazu, dass sie sich auf dieser Art amüsieren. Das sind gesellschaftliche Halbherzigkeiten, mein Herr, und ich passe mich an und stelle ihnen neugierig Fragen und staune immer was für Dummheiten sie mir über die Eisenbahn und die Vögel erzählen, und ich tue so, als ob sie mir sehr imponieren würden, dass sie alles wissen und ich nichts.


Ich muss mitspielen, aber glauben sie mir, oft fällt mir das schwer.


- Mein Herr, Sie tun mir wirklich leid.


- Sie brauchen kein Mitleid mit mir haben. Wenn ich erwachsen bin, werde ich auch ein Kind haben und werde mit ihm auch kindlich und lispelnd plappern und werde es lehren und ihm imponieren und das Kind wird mir gehorchen. Die Menschen wenn sie älter sind, kommen drauf, dass ihnen niemand zuhört, aus Rache setzen sie Kinder auf die Welt, damit sie jemanden haben, dem sie den Erwachsenen und den Allwissenden vorspielen können.


Und jetzt stören Sie mich nicht, ich muss nachdenken.

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©2022 Josef Farkas

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